Roten Krim-Sekt haben wir massenhaft bekommen. Aber keine Cola! – Im Gespräch mit Rosy Vista
Als die erste Frauenrockband Deutschlands 1984 gegründet wurde, konnte niemand ahnen, dass die Zeit dafür anscheinend noch nicht
Als die erste Frauenrockband Deutschlands 1984 gegründet wurde, konnte niemand ahnen, dass die Zeit dafür anscheinend noch nicht wirklich reif war. Damals waren Frauen in der Rockmusik, zumindest in Deutschland, noch eher schmückendes Beiwerk oder durften als Sängerin das Maskottchen der Band darstellen. Gründerin Anca Graterol aber hatte in ihrer Heimat Rumänien bereits eine Karriere hinter sich und hatte dort mit Catena beachtliche Erfolge verzeichnen können. Das Regime Ceaușescu aber trieb die damals junge Anca nach Deutschland, wo der Drang nach der Gründung einer reinen Frauenrockband erneut so groß war, dass sie sich geeignete Mitstreiter suchte. Als das Line-Up stand, wurde in Form von Noise Records auch schnell ein Label gefunden, das den Sprung ins kalte Wasser wagte und schliesslich 1985 die 5-Track EP „You Better Believe It“ veröffentlichte. Es folgten Konzerte auf der Loreley, wo sie zusammen mit Joe Cocker, Eric Burdon und Wolf Maahn eine wilde Bikerschar anheizen durften. Danach sollte eigentlich ein vollständiges Album folgen, doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Nun, mehr als dreissig Jahre später, erscheint also endlich ein neues Lebenszeichen der wohl immer noch einzigen Frauenrockband, die keine Coverband darstellt, in Form des Albums „Unbelievable“. Anca Graterol, Andrea Schwarz und Marina Hlubek haben sich extra dafür die Zeit genommen und haben uns in Ancas „Frida Park Studio“ Rede und Antwort gestanden. Es wurde eines der längsten Interview, die ich jemals führen durfte. Aber lest selbst:
Metalglory: Es ist mir eine große Freude mit Euch ein wenig Zeit verbringen zu dürfen und Euch ein paar Hintergründe zum neuen Album, der Vergangenheit und der Zukunft entlocken zu dürfen. Was hat euch dazu bewogen nach über dreissig Jahren doch nochmal ein Album zu machen?
Anca: Das Ganze startete bereits vor ein paar Jahren. Wann genau weiß ich aber nicht mehr, da wir nie den Kontakt zueinander verloren haben. Andrea und ich haben ja später auch mit Moulin Rouge große Erfolge gehabt. Wir sind uns dann bei einem Konzert zusammen über den Weg gelaufen und es entstand die Idee nochmal gemeinsame Sache zu machen. Wir stellten dann auch schnell fest, dass die Magie noch immer vorhanden war.
Andrea: Jedes Mal, wenn man uns traf, kam dann die Frage, ob es unsere EP, die anscheinend einen gewissen Status noch immer inne hatte, auch als CD geben würde. Was wir natürlich verneinen mussten, denn die Rechte lagen nicht bei uns, sondern immer noch bei Noise Records.
Anca: Da wir die Songs aus rechtlichen Gründen nicht einfach so als CD veröffentlichen konnten, entstand die Idee, die Songs mit der Erfahrung von mehr als dreissig Jahren nochmal neu einzuspielen. Als wir dann dabei waren, wurde die Idee immer größer und wir entschieden gleich ein ganzes Album zu machen. Der Titel sollte „Now & Then“ sein. Wir haben das nur aus Spaß gemacht und wollten keine Millionäre werden.
Andrea: Das kommt ja jetzt, hahaha.
Anca: Wir hatten gar nichts wirklich Großes damit vor, sondern haben es nur gemacht, weil wir Bock darauf hatten.
Andrea: Die ganzen Songs auf dem Album sind letztlich alles Songs, die wir damals bereits als Demo hatten. Wir haben ihnen dann noch den letzten Feinschliff verpasst und haben dann gesagt, dass wir nun endlich diese Songs veröffentlichen wollen, wie wir es bereits damals vorhatten.
Anca: Die Texte sind genau so geblieben, wie sie damals waren. Also alles aus der Sicht von zwöfjährigen Mädchen, die wir ja damals alle waren, hahaha. Wir haben auch noch mehr Songs aus der Zeit und werden sicher den ein oder anderen auf einem nächsten Album einspielen.
Marina: Hinzu kam, dass beim Spielen die alte Magie wieder zurück kam. Das war so irre, dass ich mir gesagt habe: „Scheißegal was das Ergebnis ist. Ich fliege mit den Mädels durchs Universum und es ist völlig egal, ob ich morgen umfalle. Wir müssen das einfach machen!“ Es ist ein echter Herzenswunsch!
MG: Warum habt ihr nicht gleich damals das Album veröffentlicht? Ihr habt ja damals auch sicherlich eine Option im Vertrag stehen gehabt.
Anca: Noise hatte damals wohl ein wenig Angst. Schließlich hatte es eine reine Frauenrockband in Deutschland noch nie gegeben. Es sollten also erstmal nur diese 5 Songs sein und dann wollte man Reaktionen abwarten.
Marina: Unsere Songs wurden damals allesamt abgelehnt. Wir hätten keinen Hit und blablabla. Das hat uns natürlich auch irgendwann zermürbt. Wir hatten eigentlich alles, was man sich wünschen konnte. Ein paar großartige Produzenten hatten tolle Demos produziert und trotzdem wurde alles abgelehnt.
Anca: Und dann kam noch die Krankheit von Andrea dazu. Sie musste komplett aufhören. Ich hatte dann zwar noch eine andere Sängerin ausprobiert. Aber die Magie war nicht mehr vorhanden und damit war Rosy Vista gescheitert. Wir haben einfach festgestellt, dass Andrea als Sängerin nicht ersetzbar ist.
MG: Ihr seid damals auch viel getourt?
Marina: Im Nachhinein kommt es mir gar nicht mehr so vor. Aber wir haben Deutschland und die Tschechoslowakei betourt. Mit dem anstehenden Gig in diesem Jahr haben wir dann insgesamt 4 mal in Prag gespielt. Ein absolutes Erlebnis.
Anca: Wir haben damals (1986) 43.000 Zuschauer in der Tschechoslowakei gehabt und dabei 4.600 Kilometer runtergerissen. Vor allem die Promotour mit Mötley Crüe und Bon Jovi war extrem stressig und teilweise auch nervig. Diese ganze Rockstargehabe der damaligen Zeit ging uns einfach nur auf die Nerven.
Marina: Oder mit den Scorpions, Grace Jones und Rosy Vista. Hier gleich um die Ecke im Casa (Blanca, die kleinste Disco Deutschlands). Da passten zwar nur eine Handvoll Leute rein, aber draußen drängelten sich die Menschen. Mit Grace Jones war das schon ziemlich strange. Sie kam rein, setzte sich an einen Tisch und blieb vielleicht fünf Minuten. Dann war der ganze Spuk auch schon wieder vorbei.
MG: Kommen wir mal wieder zurück zum Album. Ihr habt ja gesagt, dass alle Songs auf dem Album aus der damaligen Zeit stammen. Habt ihr die nochmal neu arrangiert?
Anca: Na klar. Wir wollten unserer Richtung treu bleiben. Aber wir haben eine Vorproduktion gemacht, anders gesungen, Instrumente anders eingesetzt… (zu Andrea) Also die Brille steht Dir ausgezeichnet!
MG: Mit Frauen ein Interview zu führen ist echt anstrengend (aber auch verdammt lustig).
Anca: Stimmt. (Schallendes Gelächter, in das alle einfallen) Wie war nochmal die Frage?
MG: Das war klar, hahaha. Man merkt den Songs an, dass sie alt sind, einer anderen Zeit entsprungen sind und doch klingen sie frisch und lebendig. Sie passen trotz allem auch in die heutige Zeit.
Anca: Na ja, Chris. Was sollen wir denn anderes machen? Eine Richtung einschlagen, auf die wir nicht stehen? Sollen wir auf einmal Chartsmucke machen? Da würde doch das Herz fehlen. Natürlich gehen wir auch mit der Zeit mit. Es ist ja nicht so, dass wir keine andere Musik hören. Dennoch bleiben wir bei unserer Musik. Ein wenig Salz und Pfeffer noch drüber, aber im Grunde hängt daran unser Herz.
MG: Du bekommst aber mit wie sich die Musik im Laufe der Zeit weiter entwickelt, wohin sich Strömungen ausbreiten. Nehmt ihr das trotzdem war und lasst es in die Songs einfließen oder sagt ihr ‚wir sind Rosy Vista und unsere Songs bleiben wie sie sind‘?
Anca: Das nimmst du völlig unbewusst auf. Du hörst ja ständig irgendwo Musik und nimmst diese auch wahr. Manche Sachen hörst du, nimmst sie aber nicht wahr und andere Sachen dringen sofort zu dir durch. Das kennen wir doch alle. Das was hängen bleibt, mischst du dann irgendwie mit deiner Herzensmusik zusammen und daraus entsteht dann im Idealfall etwas Eigenes.
Marina: Vielleicht klingen die Songs auch deshalb so frisch, denn das Moderne, die Einflüsse unserer heutigen Hörgewohnheiten, findest du in den Songs wider. Da mischen sich Tradition und Moderne.
Anca: Unsere Songs sind Evergreens, hahaha.
MG: Besonders „Hopatina“. Als ich den Song zum ersten Mal gehört habe, dachte ich noch „au man“. Doch irgendwann habe ich festgestellt, dass ich das Ding einfach nicht mehr aus dem Schädel bekomme. Dabei ist das ein alter Song, dessen Ursprung ja bereits auf die frühen Siebziger zurück geht und in deiner Heimat Rumänien ein Hit war.
Anca: Der Song ist 1973 entstanden und war tatsächlich in den rumänischen Charts. Er pendelte über einen langen Zeitraum zwischen dem ersten und fünften Platz. Gesungen wurde er von mir und eingespielt von meiner damaligen Band Catena.
MG: Euch allen ist die Euphorie anzumerken und ich habe den Eindruck, dass ihr es gar nicht mehr abwarten könnt bis das Album endlich erscheint. Wie sind eure Erwartungen?
Andrea: Dass wir als das wahrgenommen werden, was wir sind: gestandene Musikerinnen, die Musik lieben und leben. Oder auch einfach ausgedrückt: „Wir sind megagespannt!!!“
Anca: Wir würden uns freuen, wenn das Album gut ankommt und zum Erfolg wird.
Marina: Wir haben irgendwann mal festgestellt, dass es in den meisten Fällen nichts wird, wenn man zu verkrampft an die Sache ran geht. Wir sind ziemlich entspannt, obwohl ich ehrlich gesagt schon ziemlich aufgeregt bin. Aber ich weiß, dass das Universum uns verstanden hat. Die Songs funktionieren einfach immer. Wir können sie rockig spielen, sie aber auch einfach akustisch oder nur zu dritt spielen. Die Songs sind stark genug und ich spüre tief in mir, dass das laufen wird.
Anca: Wir sind uns schon bewusst, dass sich der Markt extrem verändert hat und vor allem die Jugend Musik heute ganz anders wahr nimmt als wir damals. Aber ich sehe auch durch mein Coaching, dass es viele Jugendliche gibt, die wieder an der Musik interessiert sind.
Andrea: Es gibt auch immer noch viele alte Fans, die es gerade richtig abfeiern, dass es die Band wieder gibt und nun endlich ein Album erscheint. Interessanterweise kommen solche Kommentare aus England, Frankreich, den USA oder auch aus Schweden. Was ich persönlich richtig toll finde, ist, dass wir solch ein Standing haben. Das hatten wir natürlich damals nicht. Wir waren jung und naiv und wir merken, dass das Leben für uns gearbeitet hat, wir alle unsere persönlichen Erfahrungen gesammelt haben.
MG: Auch Testosteron spielt ja eine Rolle, denn als Frauenband müsst ihr immer etwas mehr beweisen, etwas besser sein als eure männlichen Kollegen. Dabei bleiben natürlich auch die typischen Klischees nicht aus und es kam früher auch zu Übergriffen. Im Song „Crazy“ habt ihr dieses Verhalten damals aufgegriffen.
Andrea: Den Mangel an Respekt gibt es heute auch noch. Aber es gibt ja auch viele Frauen, die mit genau diesen Attributen spielen und es damit natürlich auch begünstigen.
Anca: Aber es gibt heute auch viele gemischte Bands. Die Männer sind nicht mehr strikt gegen Frauen in einer Band. Da hat sich doch schon einiges verändert.
MG: Ihr habt ja bereits 1986/1987 in der Tschechoslowakei zusammen mit Citron gespielt. Eine Band, die im Rest Europas eigentlich nie so richtig bekannt geworden ist, in ihrer Heimat aber die großen Hallen füllt. Nun steht eine weitere Show in Prag mit der Band an und ihr werdet vor 6.000 Fans spielen. Wie ist die Band damals auf euch aufmerksam geworden?
Marina: Das kam über unseren lieben Freund Jan Nemec (Produzent, der in den 80ern Bands wie Fargo, Grave Digger und eben auch Citron produziert hat) zustande. Wir sollten damals eigentlich mit den Scorpions auf Tour gehen und dann kam Tschernobyl. Keine Band wollte damals mehr in den Osten reisen und dort spielen und die Tour mit den Scorpions wurde abgesagt. Jan hat dann den Kontakt zu der tschechischen Plattenfirma hergestellt, die übrigens die Plattenfirma von Karel Gott war und wir wurden dann in Prag wie die Beatles, also wie echte Rockstars empfangen. Die Fans haben vor unserem Hotel geschrien und manche wollten Autogramme auf die Bäuche haben, hahaha.
Anca: Damals wurden in der Tschechoslowakei zwei Singles ausgekoppelt (mit A und B Seite wohlgemerkt) und ich wollte mir in einem Plattenladen die Singles als Souvenir kaufen. Keine Chance. Restlos ausverkauft. 20.000 Stück wurden gepresst und alle in weniger als einer Woche restlos ausverkauft. Heute fast undenkbar.
MG: Habt ihr eine richtige Tour gespielt oder nur ein, zwei Shows?
Anca: Eine richtige Tour. Zwischen 2.000 und 10.000 Besucher waren da und haben uns gesehen.
Andrea: Das waren teilweise Eisstadien in denen der Boden mit Holzbohlen abgedeckt wurde. Wir sind mit Feuerwehrautos zur Bühne gebracht worden. Wir konnten natürlich damals vieles nicht verstehen. Es war schließlich hinter dem Eisernen Vorhang. Ne Cola zum Gig? Gab es nicht bzw. es musste ein Antrag dafür gestellt werden. Aber dafür gab es schicke Fotos mit dem Bürgermeister, hahaha. Und roten Krim-Sekt haben wir massenhaft bekommen. Wir haben in Prag in der Laterna Magica gespielt, in der schon Tina Turner gespielt hatte. Es gibt so viele Erinnerungen an diese Zeit. Unbeschreiblich!
MG: Und nun seid ihr wieder mit Citron unterwegs?
Anca: Unsere Plattenfirma (Steamhammer/SPV) reif uns an und meinte, dass Citron uns unbedingt wieder als Support für ihre Shows haben wollen. Der Schlagzeuger Radim hat mich gestern angerufen und will mit uns 2020 eine komplette Tour machen. Wobei – nicht als Support, sondern als Special Guest.
Andrea: Ich erinnere mich aber auch noch an eine Show, ich meine es war in Ostrava, da war alles voll mit Polizei vor der Bühne. Die haben dann auf die Fans eingeprügelt, die nichts anderes wollten als einfach nur näher an die Bühne. Wir standen kurz davor die Show abzubrechen.
Marina: Wir standen hinter der Bühne und haben diskutiert, ob wir rausgehen oder nicht. Haben es am Ende aber doch gemacht. Wer weiß wie das ausgegangen wäre, wenn wir wirklich nicht aufgetreten wären.
Nebenbei wird immer mal wieder gecheckt wieviele Aufrufe das Video zu „Crazy“ hat und wo es überall geteilt wird. Wobei auffallend ist, dass es vor allem auf Metalseiten geteilt wird.
Marina: Das ist ja echt krass, was hier gerade abgeht. Unser Video ist erst seit heute draußen und hat schon dermaßen viele Aufrufe. Ich bin begeistert. Vor allem so viele Metalseiten!
Anca: Die Leute brauchen heute eine Schublade in die du passt. Hast du die nicht, bist du gleich wieder weg vom Fenster.
MG: Na ja, die EP ist damals auf einem der für damalige Verhältnisse innovativsten Metallabel erschienen. Mit Running Wild auf der einen Seite und Celtic Frost und Voivod auf der anderen Seite, war das Label schon in der härteren Gangart unterwegs und ich kann mir durchaus vorstellen, dass diese Assoziation zu eurer Musik auch heute noch passt. Auch wenn ihr sicher die softeste Band bei Noise gewesen seid.
Anca: Das stimmt. Man bringt die Leute auch nur durcheinander, wenn man dann sagt, dass wir eigentlich Hardrock spielen. Den gibt es in seiner Art ja heute gar nicht mehr so richtig. Heute ist alles Hard & Heavy und selbst Deep Purple steht in den Märkten inzwischen unter Pop/Rock. Man darf auch nicht vergessen, dass die Metalfans zu den treuesten überhaupt gehören und, haben sie eine Band einmal in ihr Herz geschlossen, sie auch nicht wieder raus lassen.
MG: Seht ihr euch als Exoten oder ist euch das völlig egal, weil ihr einfach nur Rockmusik macht?
Anca: Wir sind schon ein wenig Exoten. Frauenrockbands gibt es nach wie vor nur sehr wenige. Aber wir sehen das als Pluspunkt, weil es einfach zu wenige richtige Frauenbands in der Rockmusik gibt und da ist die Aufmerksamkeit auch gleich eine ganz andere.
Marina: Ich muss sagen, dass ich das schon auch immer wenig genossen habe. Gerade als Schlagzeugerin habe ich in den Coverbands, in denen ich gespielt habe, immer eine gewisse Aufmerksamkeit gehabt. Ich finde das auch toll. Auch bei den Jungs, meist war ich ja die einzige Frau, war es immer auf Augenhöhe und es war immer gleichberechtigt. Es gab auch nie irgendwelche Übergriffe.
MG: Meine Frage, vielleicht auch unglücklich gestellt, zielte allerdings viel mehr darauf ab, ob man als Frau, zumindest in der Rockmusik, mehr ackern muss als die Männer?
Anca: Es wird schon mehr geschaut, ob wir auch wirklich live spielen. Vor allem sollen die Zuschauer auch spüren mit welcher Energie wir dabei sind. Es gibt so viele Bands heute, vor allem junge Bands, die zwar technisch brilliant sind, aber auf der Bühne überhaupt nicht in der Lage sind sich zu bewegen. Statisch wäre der richtige Ausdruck dafür.
MG: Das sehe ich ganz genau so. Die Energie, und Rockmusik ist pure, gelebte Energie, muss sich von der Bühne auf das Publikum übertragen und nicht umgekehrt. Zumindest empfinde ich das so und bei so manchen jungen Bands schlafen dir die Fußnägel ein.
Anca: Das Ansehen hat sich aber auch ein wenig verändert. Entweder die Band gefällt den Menschen oder eben nicht. Da spielt es meistens keine große Rolle mehr, ob da nun Männer oder Frauen auf der Bühne stehen. Und trotzdem schwingt da irgendwo noch etwas exotisches mit. Man wird anders angesehen und auch wahrgenommen auf der Bühne.
MG: Gibt es eigentlich noch andere Frauenrockbands in Deutschland? Mir will keine einfallen.
Anca: Das weiß ich gar nicht. Natürlich gibt es einige Coverbands, die nur aus Frauen bestehen.
Andrea: Das ist eine gute Frage, die uns bisher noch nie gestellt wurde. Und wir selber haben uns diese Frage auch noch nie gestellt.
Anca: Aber du hast total recht. Wir haben uns sowohl damals als auch heute nie Gedanken darüber gemacht. Wir haben viel mehr international gedacht und da gab es ja mit den Runaways, Girlschool oder auch Rock Goddess schon einige Bands, die nur aus Frauen bestanden haben.
MG: Eine Frage, die ich mir nicht verkneifen kann. Warum habt ihr ausgerechnet „Born To Be Wild“ auf das Album gepackt? Ich habe keine Ahnung wieviele Bands diesen Song bereits gecovert haben.
Anca: Aber keine hat ihn so aufgenommen wie wir.
Marina: Der Song ist eigentlich eine kleine Hommage an das Festival auf der Loreley 1986. Wir haben da zusammen mit Eric Burdon, Joe Cocker, Wolf Maahn und noch einigen anderen auf einem Bikertreffen gespielt. Da gehörte der Song natürlich einfach dazu. Und dann hören bzw. sehen wir nach gefühlten hundert Jahren einen Ausschnitt auf YouTube, wo wir diesen Song covern. Es gibt eine vierteilige Dokumentation (siehe unten stehenden link) über uns, die damals gedreht und im NDR ausgestrahlt wurde. Als ich das gesehen hatte, dachte ich „Ey, waren wir das? Hammer!“
Andrea: Das Video ist megalustig und interessant. Zwar ein wenig pixelig, aber eben ein Zeitdokument, das zu unserer Geschichte dazu gehört. Da findest du dann auch Barbara Schenker, die damals die Keyboards bei uns gespielt hat.
MG: So, Mädels. Ich bin durch mit den Fragen. Ich danke euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Mir bleibt eigentlich nur noch euch viel Erfolg zu wünschen, die Daumen zu drücken und mich auf den 09. Februar zu freuen, wenn ihr mit Ignore the Sign das Musikzentrum in Hannover zum Kochen bringt.
Anca, Andrea und Marina: Wir haben zu danken und wir sehen uns spätestens im Musikzentrum. Du musst ja dann Fotos machen.