LAUTSTÆRKE (D) – DÆMMERUNG
Es gibt Bands deren Alben wirken so als würden sie erst Reifen, wie ein guter Wein, bevor sie dann
Es gibt Bands deren Alben wirken so als würden sie erst Reifen, wie ein guter Wein, bevor sie dann in ihrer Gänze veröffentlicht werden. So verhält es sich bei „DÆMMERUNG“ dem zweiten Langspielwerk der nordrhein-westfälischen Alternative Rocker LAUTSTÆRKE. Rund vier Jahre nach der Veröffentlichung der erweiterten Fassung ihres Debütalbums „Vom Morgen Danach„, welches sich mehrere Wochen in den iTunes und Amazon Salescharts in den Top Ten halten konnte, und etwas mehr als über ein Jahr nach dem Zwischenschnitt „Ruhe Vor Dem Sturm“ rast die Band mit Alternativem Rock zwischen Heavy und Indie, sowie Poppunk in Richtung „DÆMMERUNG“ Eine Sache Vorweg: Dieses musikalische Meisterwerk zeigt die Weiterentwicklung einer deutschsprachigen Rockband, die es geschafft hat, die Qualität ihres sowieso schon starken Debütalbums zu übertreffen. Hierbei fahren Sie genau in dem Fahrwasser von Acts wie Serum 114, Broilers aber auch Bands wie Die Ärzte, Die Toten Hosen und irgendwie auch Sportfreunde Stiller.
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Auf „DÆMMERUNG“ wirkt das Spiel von LAUTSTÆRKE auffällig „bandig“: Man hört keine isolierten Spuren, sondern vier Leute, die sich gegenseitig Raum geben und im richtigen Moment wieder zupacken. Schon „Zug“ lebt davon, wie Tobias zwischen cleanem, fast sommerlichem Anschlag und breit gezogenen Rockflächen umschaltet, während Synth-Layer nicht als Deko, sondern als dramaturgische zweite Ebene funktionieren. Marco treibt dabei nicht stur durch, sondern setzt kleine Breaks und Akzentverschiebungen, die den Song überraschend beweglich halten; Marvin sitzt eng am Groove, macht den Bass aber melodisch genug, um die Harmonien mitzuführen. Kurz darauf zeigt „Unfassbar“ die andere Kernkompetenz: Punkrock ohne Leerlauf, mit tightem Zusammenschluss von Kick und Bass und Gitarren, die lieber zackige Kanten setzen als sich im Solo-Glanz zu verlieren. Und „Leben“ beweist im Midtempo, dass die Band auch ohne Dauerfeuer Spannung erzeugt – weniger Wand, mehr Puls, mit einer Leadgitarre, die nicht „drüber spielt“, sondern die Strophen emotional einfärbt.
Die helle Seite der Platte ist dabei nicht einfach „Sommer“, sondern bewusst eingesetzter Kontrast. „Aus Sand“ und „Strand“ arbeiten mit dieser trügerischen Leichtigkeit: warme Akkorde, offener Sound, ein Mix, der Luft lässt – und trotzdem bleibt das Fundament straff, damit es nicht ins Beliebige kippt. Gerade „Strand“ profitiert von einem Refrain, der poppig klebt, aber rhythmisch noch genügend Biss hat, um als Rocksong zu funktionieren. Wenn „Schöner Tag“ danach anzieht, wirkt das wie ein Perspektivwechsel im selben Film: Gitarren kratziger, Drums direkter, der Gesang näher und kantiger gemischt – kein Hochglanz, sondern Live-Energie. Und „Rendezvous“ zeigt, wie sauber LAUTSTÆRKE Pointen vertonen können: schlanke Riffs, ein spritziger Drive, kurze Übergänge – alles so gebaut, dass der satirische Text nicht überfahren wird, sondern sauber „durchkommt“.
Im zweiten Bogen wird die Produktion dunkler und kompakter, ohne die Band in Sounddesign-Nebel zu stellen. „Anders“ funktioniert besonders über die kluge Staffelung: tiefer gestimmte Gitarren geben Gewicht, Synths setzen im Refrain eine markante Farbe, und die Rhythmusgruppe hält das Ganze so stabil, dass die Botschaft nicht predigt, sondern steht. „Kompass“ zieht die Schraube weiter an: schwereres Riffing, mehr Druck im unteren Mittenbereich, ein Drumming, das nach vorne drängt und gleichzeitig die innere Blockade spürbar macht – als würde der Song rennen wollen, aber am eigenen Schatten hängen bleiben. Das kurze „Aufzug“ ist dann nicht nur skurriles Zwischenstück, sondern ein cleverer Schnitt, der hörbar „abwärts“ führt; und „Nacht“ setzt diesen Abstieg in Bewegung um: Uptempo, scharf konturiert, mit Gitarren, die wieder breiter werden, während der Gesang dringlicher wirkt – ein Track, der live sehr wahrscheinlich zum Kernmoment wird.
Zum Ende hin spielt die Band ihre atmosphärische Stärke aus, ohne das Tempo komplett aufzugeben. „Verfolgt von dir“ arbeitet mit Textur und Enge: weniger „großer Refrain“, mehr klaustrophobisches Arrangement, in dem Akzente und Pausen fast wichtiger sind als Lautstärke. „Allerletztes Lied“ und „Fenster“ setzen auf kontrollierte Melancholie: Gitarren eher tragend als schneidend, Bass als zweiter Herzschlag, Drums zurückgenommen – genau diese Disziplin macht die Songs glaubwürdig. Dazwischen wirkt „Tanzen“ wie der körperliche Gegenimpuls, groove-orientierter, erdiger, während „Atmen“ und „Schönheit“ das Nachtmotiv als Sog inszenieren: elegant, verführerisch, mit einer Klangästhetik, die eher reinzieht als anschreit. Und wenn „Alles Ohne Dich“ schließlich abschließt, ist das kein Pathos-Finale, sondern ein konsequent gesetzter Nachhall: Midtempo, klar gezeichnet, rhythmisch fest – ein Ende, das nicht „zuschlägt“, sondern bleibt.
Wertung:
9 von 10 Punkte
Fazit:
LAUTSTÆRKE liefern mit „DÆMMERUNG“ ein bemerkenswert geschlossenes Album ab, das Ohrwurmqualitäten, Druck und Atmosphäre so selbstverständlich verbindet, als wäre genau das ihre natürliche Spielwiese. Die Band beweist nicht nur spürbare Reife im Songwriting, sondern auch im Zusammenspiel und Sounddesign, das zwischen Indie-Glanz, Punk-Kante und Heavy-Schwere jederzeit souverän die Spur hält. Unterm Strich ist das eine Platte, die mit jeder Minute stärker nachhallt, weil sie Haltung und Hooks gleichermaßen mitliefert. Ich habe beim letzten Review schon gesagt: Die Band hat eine große Zukunft, gebt sie ihr! Diese Aussage wiederhole ich an dieser Stelle
Tracklist:
- Zug
- Unfassbar
- Leben
- Aus Sand
- Strand
- Schöner Tag
- Rendezvous
- Anders
- Kompass
- Aufzug
- Intro
- Nacht
- Verfolgt Von Dir
- Allerletztes Lied
- Tanzen
- Atmen
- Schönheit
- Fenster
- Alles Ohne Dich
Credits:
Titel: DÆMMERUNG
Interpret: LAUTSTÆRKE
Herkunft: Deutschland
Genre: Alternative Rock | Heavy Rock | Deutschrock
Label: NRT-Records
Veröffentlichung: 19. Dezember 2025