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ARCH ENEMY – „Covered In Blood“ (Compilation)

ARCH ENEMY – „Covered In Blood“ (Compilation) Label: Century Media Laufzeit: 70:39 min VÖ: 18.01.2019 Genre: Melodic Death Metal

ARCH ENEMY – „Covered In Blood“ (Compilation)

ARCH ENEMY – „Covered In Blood“ (Compilation)

Label: Century Media

Laufzeit: 70:39 min

VÖ: 18.01.2019

Genre: Melodic Death Metal – Arch Enemy eben!

Zunächst einmal vorweg: Solche Zusammenstellungen sind immer etwas ganz eigenes – und Coverversionen sowieso. Und dennoch ist die vorliegende Compilation „Covered In Blood“ dann doch etwas ganz besonderes. ARCH ENEMY haben hier alle Coverversionen versammelt, die sie nach eigenen Angaben in ihrer langen und sehr produktiven Historie eingespielt haben. Dabei sind auch einige Lieder, die sich kaum oder nur sehr schwer im Katalog der Band finden lassen. Es ist also schon einmal ein echter Dienst am Fan, diese Songs nun geballt zu servieren.

Vor allem aber ist die Scheibe nicht nur quantitativ beeindruckend – 24 Lieder sind schon einmal ein dickes Ausrufezeichen. Auch qualitativ ist das hier wirklich herausragend. Denn ARCH ENEMY zeigen nicht nur bei der Auswahl der Lieder eine große Bandbreite. Da gibt es von Perlen des 80er Pops (Tears For Fears) über traditionellen Heavy Metal (Judas Priest, Dream Evil) bis hin zu schön räudigem Grindcore (Shitlickers, Anti Cimex) eine Menge an bekannteren und unbekannteren Songs. Das passt mal mehr und mal weniger, hat aber in seiner Auswahl für mich jedenfalls stets irgendwie Sinn. Aber gerade die fies punkigen Hardcorerüpeleien der Shitlickers werden so manchen Fan der neueren ARCH ENEMY wohl eher abschrecken – während ich vor Freude große Kullertränen verdrücke. Vor allem aber bieten ARCH ENEMY nichts weniger als einen tiefen und wunderbar nachvollziehbaren Querschnitt durch ihre mannigfaltige und von allerlei Metamorphosen, Evolutionen und Revolutionen geprägte musikalische Geschichte. Es finden sich nicht nur alle drei Stimmen wieder – ja, auch der von vielen Fans so sehr verehrte Johan Liiva gibt sich ein Stelldichein -, für mich viel interessanter ist die musikalische Entwicklung, die sich aus den 24 Liedern heraushören lässt.

Zunächst gibt es eine ganz große Konstante: die überragende Gitarrenarbeit. Es ist wirklich einzigartig, wie hochklassig hier von Herrn Amott und seinen Sidekicks die Gitarren bedient werden. Denn das sucht nicht nur handwerklich seinesgleichen, viel spannender und beeindruckender ist die Tatsache, dass in wirklich jedem Song jederzeit und eindeutig ARCH ENEMY zu erkennen ist. Es verlangt höchste Achtung und ist neidlos anzuerkennen, dass ARCH ENEMY eine ganz eigene und einzigartige Art von Musik erschaffen haben und erschaffen können und selbst noch dem fiesesten Hardcorekrawall ihren Stempel aufzudrücken vermögen. Dazu lässt sich an den drei Stimmen der Weg des Gesangs gut nachvollziehen: von einem direkten, unbarmherzigen und auf brachiale Aggression fokussierten growlenden Gesang eines Johan Liiva über einen eher heller krächzenden und variableren Schreigesang einer Angela Gossow hin zu einer noch differenzierteren und volleren Stimme von Alissa White-Gluz, die noch einmal ihre ganz eigenen Melodien und Klangfarben bis hin zum Klargesang einbringt.

Allerdings zeigt sich an „Covered In Blood“ auch, wie sehr sich in den 25 Jahren der Sound verändert hat. Zunächst glänzen ARCH ENEMY noch mit einem rotzigen, rohen und so ungestümen wie aggressiven Sound, der später eher düster, sehr hart und unfassbar massiv daherkommt. Auch die D-Beat-Attacken der Shitlickers werden schön punkig, derb und ungehobelt runtergeholzt. Aber das kann der Hörer erst erkennen und genießen, wenn er sich durch die ersten vier Stücke gelitten hat. Hier meint man tatsächlich, NIN oder Marilyn Manson zu hören. Das ist so unfassbar Plastik, steril und tot, dass es mich gruselt. Dieser totkomprimierte und elektronischen Effekten entkeimte Sound zeigt eindrucksvoll die eben unerreichbare Klasse eines staubigen und Schweiß atmenden Originals wie Roger Chapman. Und es ist schon ganz große Kunst, selbst einem „Breaking The Law“ noch den einzigen Zahn zu ziehen und in ein verstümmeltes und einbalsamiertes Stück Leichenplastinat zu verwandeln. Allerdings ist das eben der Weg, den ARCH ENEMY zuletzt konseqeuent gegangen sind, hin zu einem modernen, mit allerlei Effekten aufgemotzten Sound. Und der Erfolg gibt ihnen zweifellos Recht. Nur sollte man es eben nicht übertreiben.

Fazit: Mit „Covered In Blood“ legen ARCH ENEMY ein dickes Album vor, das weit mehr ist als ein Paket für reine Afficionados oder Fanboys. Hier gibt es einen Querschnitt durch die Geschichte der Band, der eindrucksvoll zeigt, wie und wohin sich ARCH ENEMY in den letzten 25 Jahren entwickelt haben. Und Spaß macht das alles sowieso. Und jetzt geht es mit Repeat wieder zurück zu den Shitlickers. Hurra!

Liederliste (in Klammern das Original):

1. Shout (Tears for Fears) (4:45)
2. Back to Back (Pretty Maids) (3:21)
3. Shadow on the Wall (Mike Oldfield) (3:03)
4. Breaking the Law (Judas Priest) (2:20)
5. Nitad (Moderat Likvidation) (1:06)
6. When the Innocent Die (Anti Cimex) (1:57)
7. Warsystem (Shitlickers) (0:54)
8. Armed Revolution (Shitlickers) (0:51)
9. Spräckta snutskallar (Shitlickers) (0:51)
10. The Leader (of the Fuckin‘ Assholes) (Shitlickers) (1:02)
11. City Baby Attacked by Rats (Charged GBH) (2:48)
12. Warning (Discharge) (2:44)
13. The Zoo (Scorpions) (4:42)
14. Wings of Tomorrow (Europe) (3:15)
15. The Oath (KISS) (4:14)
16. The Book of Heavy Metal (Dream Evil) (4:16)
17. Walk in the Shadows (Queensrÿche) (3:06)
18. Incarnated Solvent Abuse (Carcass) (4:35)
19. Kill with Power (Manowar) (3:30)
20. Symphony of Destruction (Megadeth) (4:02)
21. Aces High (Iron Maiden) (4:24)
22. Scream of Anger (Europe) (3:46)
23. Starbreaker (Judas Priest) (3:23)
24. The Ides of March (Iron Maiden) (1:44)