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Our Oceans (NL) – Right Here, Right Now

Das Genre des Progressive Rock lebt von Kontrasten: komplexe Taktarchitektur trifft auf intime Songdramaturgie, studiofeine Details auf organisches Zusammenspiel.

Our Oceans (NL) – Right Here, Right Now

Das Genre des Progressive Rock lebt von Kontrasten: komplexe Taktarchitektur trifft auf intime Songdramaturgie, studiofeine Details auf organisches Zusammenspiel. Wenn dann noch ein ordentlichr Art Rock Anteil hinzugemischt wird, entsteht jener Resonanzraum, der etwas besonderes, zu einhunderprozent ehrliches und handgemachtes erschafft. Genau hier setzt das niederländische Trio Our Oceans an. Ihr neues Studioalbum „Right Here, Right Now“ versteht sich als Einladung, die Helligkeit des Augenblicks hörbar zu machen – ohne Pathos, mit Sensibilität für Textur, Timing und Ton und einem Indie Rock Charakter. Erschienen über Long Branch Records und vertrieben von SPV.

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Wer sind Our Oceans?

Our Oceans – das sind Tymon Kruidenier (Gesang/Gitarre), Robin Zielhorst (Bass) und Yuma van Eekelen (Drums). Die instrumentale Schulung aus Exivious wird hier nicht ausgestellt, sondern in songdienliche Energie übersetzt. Nach dem selbstveröffentlichten Debüt von 2015 und dem atmosphärisch dichteren While Time Disappears (2020, Long Branch Records) öffnet Right Here, Right Now die Fenster: heller, luftiger, gegenwartszugewandt – optisch eingerahmt vom Artwork von Patrick Atkins.

Klang & Produktion: Transparenz, die atmet

Die Produktion setzt auf Tiefenschärfe und Raum. Schimmernde Clean-Gitarren, ein melodie-starker 5-Saiter-Bass und Drums, die zwischen feinen Ghost Notes und präzisen Akzenten pendeln, ergeben ein Panorama, das Nuancen zulässt. Tymon Kruidenier steht als Erzähler im Fokus – kontrollierte Höhe, elastisches Falsett, eine Wärme, die selbst in großen Spannungsbögen Intimität bewahrt. Ein musikalisches Werk irgendwo zwischen Radiohead, oder Oceansize! Kenner bemerken sofort eine gewisse Verwandtschaft, aber keine Kopie: Elemente aus Progressive Rock, Art Rock und behutsamem Math Rock greifen ineinander, ohne den Song zu überfrachten.

Thema & Tonfall: Die helle Qualität des Jetzt

Das Album kreist um Achtsamkeit, Akzeptanz und Vorwärtsbewegung. Our Oceans formulieren Optimismus nicht als Parole, sondern als Haltung: eine hellere Klangsprache, die die melancholische Tiefe der Vergangenheit integriert. Die Texte lassen Deutungsspielraum und arbeiten mit Bildern, die tragen, statt zu erklären.

Eine Genaue Betrachtung des vorliegenden Songmaterials

Golden Rain

Der Opener des Albums: leichtfüßig, schlüssig arrangiert, mit melodischer Klarheit, die den Ton der Platte setzt. Man hört, dass das Stück im Proberaum gewachsen ist – ein lebendiges Template für Sound, Dynamik und Produktion. Robin Zielhorst legt ein elastisches Bass-Fundament, das sich eng mit den schimmernden Arpeggien von Tymon Kruidenier verzahnt, während Yuma van Eekelen mit feinen Ghost Notes und weiten Becken-Swellings die Übergänge atmen lässt.


Lost In Blue


Introspektiver aber harmonisch frisch. Ausgangspunkt ist Robin Zielhorst mit der wechselnden C-Dur/B-Dur-Folge; darum baut Tymon Kruidenier ein Geflecht aus Melodie und Text. Im Mittelteil verwickeln sich Bass und Gitarre zu einem Dual-Moment – eher Tanz als Solo. Bass und Gitarre bilden eine kreisende Einheit; Yuma stützt das Wechselspiel mit dynamischen Crescendi und fein dosierter Akzentarbeit auf Snare und Ride – Spannung mit minimalem Druck.


Leave Me Be


Konzeptionell der dunkelste Moment: hypnotischer Bass-Ostinato (ursprünglich aus Skizzen zu Motherly Flame), nahöstlich gefärbte Motive und ein dialogisches Drum/Gitarren-Finale. Lyrisch verankert in Kindheitstraumata, musikalisch unerbittlich fokussiert. Robin Zielhorst’s breite, singende Linien tragen die Architektur; Tymon Kruidenier phrasiert modal darüber und setzt gezielte Dissonanzen; Yuma van Eekelen zeichnet mit tomlastigen Patterns und kontrollierten Wirbeln Konturen, die das Drängen des Stücks fühlbar machen.

Untamed

Das Trio im Modus Spieltrieb: kantige Riffs, ein Haken, der sofort greift, Energie ohne Ballast – Hard-Rock-Schub, der die Detailfreude intakt lässt. Tymon’s Anschlag gibt die Richtung vor, Robin klinkt sich mit perkussiver Präzision ein, und Yuma treibt mit scharf gesetzten Offbeats und punktgenauen Breaks nach vorn – straff, schlüssig, mitreißend.


Just Like You

Reduktion als Stärke: eine direkte, persönliche Skizze, musikalisch nah am Singer-Songwriter-Kern. Die Schönheit liegt in der Unverstelltheit – nichts drängt, alles trägt.
Der Bass übernimmt die Gegenmelodie in der Tiefe, auf die eine luftige Gitarrenpartiur gelegt ist, gebettet auf ein vernünftiges Schlagzeug

Drifting In The Drops

Ein liebevoller Stil-Ausflug mit four-on-the-floor-Impuls, ätherischen Strophen und dunkler gefärbten Refrains; Kick und Bass verriegeln sich musterdicht; Yuma variiert das Hi-Hat-Raster für Bewegung im Puls, Tymon setzt federnde Voicings und kleine Hooks – elegant, tanzbar, dennoch klar im Bandklang verankert.

Sun Stained Waters

Uplifting mit bittersüßem Nachhall. Inhaltlich: Akzeptanz und Dankbarkeit im Vorwärtsgehen. Rhythmisch trägt Yuma van Eekelen mit einem fließenden Drei-über-Vier-Puls, während Robin Zielhorst’ melodischer Fretless die Linien ausleuchtet. Yuma’s verschobenes Meterraster erzeugt Schub ohne Härte; Robin bindet die Harmonien, Tymon spannt weite Melodiebögen – Balance aus Fluss und Form.

If Only…

mit Evvie am Lead-Gesang. Die Balance zwischen minimalistisch-direkter Lyrik und tiefen, reich geschichteten Harmonien trifft das Zentrum des Albumkonzepts. Tymon rückt ins kammermusikalische Composing, Robin stützt mit warmem, kontrolliertem Ton, Yuma bleibt minimalistisch und setzt Impulse nur dort, wo der Text atmen soll – Raum für die Stimme auf der Klangbühne , ohne an Tiefe einzubüsen.

Abloom

Die Geschwisternummer zu Golden Rain, neu gedacht im 6/8 mit punktierten Achteln; zum Finale erhebt sich ein Community-Chor aus Unterstützerinnen und Unterstützern der Crowdfunding-Kampagne – ein großes, warmes Ausrufezeichen. Yuma’s geschmeidige Triolen-Architektur trägt das Crescendo, Robin zeichnet weite, singende Bögen, Tymon verbindet Lead-Figuren und Texturarbeit, bis der Chor das Trio in eine gemeinsame Klangfläche überführt.

Our Oceans – Gepostet mit freundlicher Genehmigung von Long Branch Records

Performance & Arrangement: Virtuosität im Dienst der Erzählung

Our Oceans zeigen, wie man instrumentale Könnerschaft hörbar macht, ohne den Song zu überfahren. Zielhorst’ Linien sind melodische Gegenstimmen statt bloßem Fundament; van Eekelen strukturiert mit Sinn für Fluss statt für Zählzeiten; Kruidenier phrasiert mit einer Mischung aus Kontrolle und Fragilität, die die Emotion eng an den Ton bindet. Elektronische Farben blitzen auf, bleiben aber stets Zutat, nie Verkleidung.

Einordnung im Katalog

Gegenüber While Time Disappears wählt Right Here, Right Now einen helleren Tonfall, ohne die tieferen Register zu verlieren. Wo das Vorgängeralbum die Schwere poetisch umkreiste, formuliert das neue Werk Zuversicht – nicht als Flucht, sondern als Konsequenz. Für Hörerinnen und Hörer, die die Schnittmenge aus moderner Progression, Art-Rock-Finesse und songorientiertem Erzählen suchen, markiert dieses Album einen wohltuenden Fixpunkt.

Unsere Wertung:

10 von 10 Punkte! VOLLTREFFER!

Unser Fazit:

Right Here, Right Now von Our Oceans ist ein Album der klaren Konturen und offenen Räume. Es feilt am Detail, ohne die Spontaneität zu verlieren; es trägt Emotion, ohne in Schwere zu kippen. Neun Songs, die ein gemeinsames Licht teilen und dennoch jeweils eigene Farben zeigen – ein Werk, das im Moment leuchtet und darüber hinaus nachhallt. Veröffentlichung am 24. Oktober 2025 über Long Branch Records, Vertrieb durch SPV. Progressiver Art Rock mit Indie Einschlag! CHAPEU!

Info & Trackliste:

Trackliste:

  1. Golden Rain
  2. Lost In Blue
  3. Leave Me Be
  4. Untamed
  5. Just Like You
  6. Drifting In The Drops
  7. Sun Stained Waters
  8. If Only…
  9. Abloom

Credits:

Titel: Right Here, Right Now
Interpret: Our Oceans
Herkunft: Niederlande
Genre: Progressive Rock | Art Rock | Math Rock
Label: Long Branch Records / SPV
Veröffentlichung: 24. Oktober 2025

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