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Dayal Patterson – Black Metal – Into The Abyss (Buch)

Dayal Patterson (USA) „Black Metal: Into The Abyss“ Index Verlag, Erste Auflage 2020 VÖ: 24. April 2020), gebundenes Hardcover,

Dayal Patterson – Black Metal – Into The Abyss (Buch)

Dayal Patterson (USA) „Black Metal: Into The Abyss“

Index Verlag, Erste Auflage 2020
VÖ: 24. April 2020),
gebundenes Hardcover,
300 Seiten,
ISBN 978-3936878370

Review:
„Black Metal: Into The Abyss“ lässt sich sehr gut als dritter Teil der „Black Metal“-Reihe von Dayal Patterson verstehen. Nach „Evolution Of The Cult“ und „Cult Never Dies Vol. 1“, die jeweils 2017 in Deutschland erschienen sind, bewegt sich Mr. Patterson weiter so konsequent wie enthusiastisch auf seinem ganz eigenen Weg durch die Historie des Black Metal. Dabei verweigert sich auch „Into The Abyss“ einem rein chronologischen Vorgehen, sondern folgt in seiner thematischen Orientierung den drei Bereichen aus „Cult Never Dies Vol. 1“, also Norwegen, Polen und DSBM. Und genau deshalb ist es eben auch nicht Teil 2 geworden, sondern stellt vielmehr eine Erweiterung und Vertiefung des ersten Teils dar. Aufgelockert wird dieses Triumvirat durch Bands, die allein wegen ihrer Herkunft einen gewissen Exotenstatus innehaben. Die Kapitel über die aus Brasilien stammenden MYSTIFIER, die Esten LOITS und die Georgier PSYCHONAUT 4 (auch wenn die den Bereich DSBM abdecken) sind allein wegen der hier enthaltenen Informationen über Musik im Allgemeinen und Black Metal im Speziellen in diesen Ländern lesenswert.

Unabhängig vom Inhalt ist zunächst festzuhalten, dass das Buch in gewohnt szenetypischer Aufmachung erscheint und als handfestes Hardcover insgesamt eine gute Qualität aufweist. Neben den vielen einzigartigen Bildern ist vor allem die Übersetzung von Andreas Schiffmann hervorzuheben, der selbst die krudesten Gedanken der Protagonisten nicht nur gut verständlich wiederzugeben weiß, sondern auch stets die Atmosphäre und den Sprachstil frisch und lebendig einfängt. Dies ist umso wichtiger, weil Mr. Patterson im Gegensatz zu den ersten beiden Büchern dieses Mal statt einer erzählenden Sichtweise die Form des Interviews wählt und damit der Struktur folgt, die die meisten von uns aus ihrer einschlägigen Magazinlektüre bestens kennen. Jedem Interview stellt der Autor eine so kurze wie knackige Einführung der Band voran, die nicht nur vor Informationen strotzt, sondern auch das Zustandekommen des Interviews erläutert. Und schon hier ist zu merken, dass es sich bei vielen der (leider) ausschließlich Herren um ganz besondere Individuen handelt.

Insgesamt enthält „Into The Abyss“ 21 Interviews. In diesen beweist Mr. Patterson sein journalistisches Geschick, den offensichtlich teilweise sehr eigenwilligen und verschlossen wirkenden Musikern weit über das Übliche hinausgehende Informationen zu entlocken. Dies betrifft nicht nur religiöse, metaphysische, esoterische, politische und philosophische Themen. Der Autor lässt sich erfreulich selten mit Plattitüden und wiedergekäuten Phrasen abspeisen. Er hakt nach, stellt in Frage, bohrt und deckt Widersprüche auf. Dies gelingt ihm in einer so freundlichen und souveränen Art und Weise, dass die Befragten jederzeit willig und offen bleiben. Mindestens ebenso interessant sind die nur auf den ersten Blick profanen, dafür um so faszinierenderen Einblicke in Alltägliches und Banales, etwa Terminprobleme durch die Tätigkeit in vielen Projekten, die finanzielle Abhängigkeit von Alltagsjobs oder das Schaulaufen von selbsternannten Gralshütern in der einschlägigen Szene(kneipe, dem Elm Street, nachzulesen bei TSJUDER).

So ergibt sich ein faszinierendes Kaleidoskop auf die Protagonisten einer schillernden und oftmals obskuren Szene. Und schnell stellen die Lesenden fest, dass sich dahinter eben Menschen verbergen, in all ihren schönen wie hässlichen Facetten. Viele der Befragten waren zum Beginn ihrer musikalischen Reise noch sehr jung, und es ist spannend zu sehen, wie offen und selbstkritisch einige von ihnen ihr nicht nur musikalisches Leben reflektieren (sehr emotional: NOCTURNAL DEPRESSION). Dann wiederum erstaunt mich, wie freimütig einige ihre dummen (ja, nicht naiven, sondern dummen!) und plakativ vereinfachten Überlegungen im weiten Feld zwischen nationalistischem Revisionismus und romantisierender Folkloristik entblößen, um sich bei genaueren Nachfragen hinter nebligen Mehrdeutigkeiten zu verschanzen.

Fazit:
Dayal Patterson ist mit „Black Metal: Into The Abyss“ erneut ein so tiefgründiger wie launiger Blick weit hinein in den Kosmos des Black Metal gelungen. Umfangreich, spannend und immer wieder auch mit einem Augenzwinkern erzählt ist das Buch nicht nur Pflichtlektüre für alle Fans und Liebhaber, sondern für alle Interessierten ein lebendiger Einblick in eine gänzlich andere Welt. Ich verzeihe da auch gerne die nicht gerade geringe Zahl an Druckfehlern, die einen echten Fan nicht zu stören vermögen. Für alle Kenner gilt: Kaufen und genießen – und für alle Neugierigen gilt dies ebenso. Das Wichtigste aber: Das Buch macht Lust auf Musik. Und was will ich mehr?!

Quelle-Copyright Bild/Inhaltinfo: index-verlag.spkr.media

Inhalt:
Nach seinem Standardwerk Black Metal: Evolution Of The Cult und Cult Never Dies Vol. I legt der britische Metal-Experte Dayal Patterson einen weiteren Interviewband vor, für den er exklusive, tiefgreifende Gespräche mit 1349, Vemod, One Tail, One Head, Forgotten Woods, Tsjuder, Sacrilegium, Mystifier, Trist, Urgehal, Deinonychus, Nocturnal Depression, Loits, Blaze Of Perdition, Besatt, Helheim u.v.m. führte. Aufgemacht wie ein klassisches Fanzine bietet Into The Abyss neue, erhellende Einsichten ins Schaffen einiger der interessantesten Vertreter des zeitgenössischen extremen Metal.
Dayal Patterson ist ein britischer Autor und Gründer des Verlags Cult Never Dies. Er hat mehrere Sachbücher über Heavy Metal geschrieben und zu einer Reihe von Metal-Magazinen wie Decibel, Terrorizer und Metal Hammer beigetragen. Sein Buch Black Metal: Evolution Of The Cult gilt als Meilenstein in der Dokumentation der Musik des Genres.