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FREI.WILD – Interview über das Album „Rivalen & Rebellen“

…kontrovers, provokativ & rockig, das sind Frei.Wild aus Südtirol in Italien, nicht nur für viele Medienvertreter. Aber was sie

FREI.WILD – Interview über das Album „Rivalen & Rebellen“

…kontrovers, provokativ & rockig, das sind Frei.Wild aus Südtirol in Italien, nicht nur für viele Medienvertreter. Aber was sie allemal sind: waschechte Rockfans (die wissen, wie hart der Weg in der Musikwelt ist und wem sie es zu verdanken haben) und fett im Musikbusiness als feste Größe etabliert!
Oder wie sollte man es anders deuten, wenn eine Band große Hallen „sold out“ bekommt und bereits zum vierten Mal in Folge mit einem Album Goldstatus bzw. auch mal Platin erreicht?!
Metalglory interessiert nicht die Meinung anderer Medien, wir möchte nur berichten und nachhaken, wie es für eine Band möglich ist so abzurocken – und abzuräumen. Soll heißen, wir von metalglory.com sind kein politisches Medium, wir hinterfragen was steckt hinter der „Marke“ Frei.Wild, wie kommt die Musikshow an und wie aufwendig sind die zahlreichen Tourneen, als auch der Umgang mit dem Erfolg?! Daher war das Treffen zwischen Christoph + Arthur und den Frei.Wild-ern Philipp „Fips“ Burger (Gesang, E-Gitarre), Christian „Föhre“ Fohrer (Schlagzeug), Jochen „Zegga“ Gargitter (E-Bass) und Jonas „Joy“ Notdurfter (E-Gitarre) im Vorfeld ihres Konzertes in der TUI Arena in Hannover eine gute Gelegenheit…

metalglory -Arturek/Christoph- (MG):„Rivalen & Rebellen“ schlug einmal mehr ein wie eine Bombe! Nach der Veröffentlichung war das Album mehrere Wochen auf Platz 1. Wie zufrieden seid ihr mit dem Ergebnis und dem Erreichten oder besser gesagt: überraschend ist es wohl nicht mehr für euch so einen Erfolg einzufahren. Aber was soll darauf noch folgen und welche Erwartungen hat man dann selbst noch, wenn man schon zuvor mit einigen Alben auch Platz 1 belegt hatte?

Fips: Oh, ja, die Erwartungen waren sehr hoch diesmal, weil wir uns unfassbar viel Mühe gegeben haben, auch wenn das bei den Vorgängeralben nicht anders gewesen ist. Wir haben immer das Bedürfnis neue Sachen zu probieren, sozusagen den Schirm noch weiter zu spannen. Dadurch vielleicht auch neue Leute zu erreichen, auch wenn es zunächst sekundär eine Rolle spielen mag. Wichtig ist, dass wir selbst natürlich nicht mehr klingen wollen wie beim ersten Album, dass es auch soundtechnisch einen Fortschritt gibt. Wir haben diesmal durch viele Freunde und renommierte Produzenten als auch Kumpels aus der Musikszene, die ich auch von einigen Songwritingcamps kennengelernt hatte, viel mitgenommen und dazugelernt. Man lernt so einiges. Dann stellt man obendrein fest, dass wir viel Zeit haben, daher schreiben, drehen wir so oft es geht und probieren auch sehr viele verschiedenen Sachen aus. Am Ende waren alle überaus überzeugt vom Album, samt dem Grafikkonzept, den Fotos, Clips usw.. Es ist wie bei einem Architektenprojekt: die Vorbereitungsphase war gut, das Material passte, die grundsätzlichen Pläne und Termine waren einzuhalten und dann begannen wir mit der Baustelle. Währenddessen kann man dann immer beobachten und sich vorstellen in welche Richtung es gehen wird und schlussendlich, wenn alles zusammengepackt und gebaut ist, sich auch darüber sehr freuen, wenn die Rechnung aufgeht. Aber ganz ehrlich, dass es nicht mal vier Wochen braucht, um solchen Verkaufszahlen zu erreichen, das ist natürlich der pure Wahnsinn – und auch wenn man eben schon mit Vorgängeralben Platz 1 hatte, so war es in der kurzen Zeit wirklich überraschend.

MG: …ok, aber was soll dann noch darauf folgen? Welche Ziele kann man sich dann noch setzen, wenn derartige Erfolge erlebt worden sind?!
Alle (nicht mit ernster Miene): …bereits im Vorverkauf Platin zu erreichen, genau!:-).

Fips: Aber mal im Ernst, dies sind keine Ziele. Das kann man so ja nicht steuern. Nach jeder Tour treffen wir uns allesamt mit dem Management, Crew, PR-Abteilung, Label und Co und werkeln am neuen Schlachtplan für die nächsten sechs, sieben Monate. Ja, wir haben Ziele, etwas neues im Kopf. Jeder hat seine geistigen Einflüsse bis dahin auch schon aufgeschrieben, dann hauen wir alles auf den Tisch, planen das, organisieren das auch mit sämtlichen Nebenprojekten und mehr als unser Bestes geben zu können, ist eben nicht drin. Der Musiker ist da die wichtigste Stelle, weil jeder Musiker untrennbar mit all diesen Gewerken, Projekten verbunden ist. Und egal was wir machen, es ist immer so, dass wir voll dabei sind. Egal ob TV-Auftritt, Videodreh, Songs oder eben dieses heutige Interview mit euch. Es verlangt immer, dass man sich eben verbessert und jeder auch informiert ist. Wir haben diesmal auch einen Lehrer beauftragt, da wir davor gemerkt hatten, wir bleiben vermutliche an einer Stelle stehen, wenn das so weitergehen würde, wie bis dahin. Denn mit Live-Auftritten allein machst Du keine weiteren neuen Erfahrungen und Erkenntnisse, bist sicherlich durch immer mehr Gigs routinierter und spielst sauberer. Aber grundsätzlich versuchen wir das „Baby“ wie ein Elternteil aufzuziehen! Frei.Wild ist schon 16 Jahre alt, aber das hört ja nicht damit auf es wachsen zu sehen. Eltern werden ihren Kindern auch noch mit 45 einen Ratschlag geben und diese Ratschläge geben wir uns auch mal selbst, klar…

MG: …kommen wir also direkt zum aktuellen Album –welches ich zitiere: „für euch persönlichste bisher sein soll“ – mit sage und schreibe 42 Songs (d.h. inkl. Bonus auf Sondereditionen, Vinyl)! Und wir sprechen hier nicht von einer Grindcore–Platte. Ist das nicht für Euch selbst (mit „Opposition“ waren es ja „nur“ 26 Songs) eine besondere Hausnummer, für die manch andere Band drei oder mehrere Alben braucht? Wie kam es dazu, musste nun alles aus euch raus oder hätte man da nicht auch die Kuh noch mehr melken können und paar Wochen später EP, Bonusdisc, Tour-Edition, veröffentlichen können?!

Fips: Könnte man, aber erstens: diesmal war die Zeit viel länger, als die Auszeit vor den Vorgängeralben und weil wir Songs immer wieder schreiben, auch währen einer laufenden Tour, kommen eben viele Ideen in den Topf. Man bastelt immer an Songs herum – auch oft aus reiner Langeweile on the road.
Joy: …wir haben ja auch noch 30 Songs in petto, also hätten auch 70 Songs veröffentlicht werden können:-)
Fips: …und zweites, da sage ich meine ehrliche Meinung:  wenn man die Lieder schon hat, die sind dann eben jetzt vom Thema her oft relativ aktuell. Wer weiß denn, was in drei Jahren ist, ob das noch passt usw.. Dann ist es doch besser sie alle aufzunehmen und zu veröffentlichen. Denn warum gibt es Bands, die grundsätzlich dreizehn tolle Nummern haben, gehen direkt zu u.a. spotify und plärren dann aber rum, weil sie es darüber nur um die 2000 mal verkauft haben. Grundsätzlich ist es nett, dass solche Musikstreaming-Dienste existieren, aber unser Anspruch ist, da wir „Analog-Menschen“ sind und heutzutage schon fast eine CD als „analog“ gilt, dass wir sagen, es schon von der Wertigkeit her besser ist eine Vinyl zu haben und wir haben diesmal gleich fünf in einer Box voller neuer Songs und dazu die Bonus-CD mit allen Liedern nochmal drauf. Also warum fragt man sich dann, das meine ich jetzt nicht angeberisch oder so, ist es gerecht, wenn man dann zu lesen bekommt, dass man in Deutschland im ersten Quartal als Frei.Wild ganz vorn liegt?! Das liegt natürlich auch daran, dass die Menschen, angefangen bei der Grafik, der Aufmachung usw., auch der Qualität der zahlreichen, unterschiedlichen Lieder, sehen, was wir alles zu bieten haben. Und das auch noch zum durchaus fairen Preis, bei der Menge an Songs und eben der Aufmachung. Das ist doch ein schönes Geschenk, wenn man das so realisieren kann, um auch „DANKE“ zu sagen an all die Leute, die jahrelang zu den Konzerten kommen, eben auch Fans geworden sind. Sie bekommen eben eine Menge von uns zurück.

MG: …und das allein scheint ja den Fans nicht zu reichen, wie man aufgrund ausverkaufter Tourneen sehen kann. Ich zitiere: „120.000 verkaufte Tickets, etliche bereits lange schon ausverkaufte Shows und die längste zusammenhängende Tournee“. Habt ihr damit im Vorfeld gerechnet bzw. es gehofft, zumal man eben schon einige Jahre so erfolgreich ist und wie erlebt ihr diesen „großen“ Tourwahnsinn? Kann man das noch genießen oder ist es nur noch „Stress“, „der gleiche Ablauf“, also rein pures Musikbusiness?

Joy: Ganz neu sind die Größenverhältnisse und ausverkauften Shows für uns ja nicht. Um 2012 herum hat es mit den größeren Hallen angefangen. Aber klar so dick wie jetzt, so viele Tickets im Vorfeld zu verkaufen, das gab es so nicht. Ich für meinen Teil kann es absolut nur genießen, weil wir diesmal eine absolut geniale Crew dabei haben. Ja, es läuft alles fabelhaft. Keinerlei Probleme, man konzentriert sich nur auf das Wesentliche und ganz ehrlich, die vielen Ereignisse, Geschehnisse, die kann man dann wirklich nur nach gut ein bis zwei Wochen Ruhe nach der Tour verarbeiten und Revue passieren lassen. Es geht alles so schnell und man kann schon meinen, dass es schade ist, dass es fast vorbei ist, samt der zusätzlichen Shows. Aber nun, absolut geile Zeit.

MG: Und wie war es dann bei den „kleineren“ Clubshows im Vorfeld der Tournee? Ohne jetzt diese Tourneen vergleichen zu wollen, was eben nicht möglich ist, was ist euch so als waschechte Rocker lieber, die Nähe im kleinen Club zum Publikum oder doch der Bombast mit Pyro, großer Leinwand usw.?

Fips: Definitiv die große Sache! Ganz einfach, eine Clubshow ist anstrengender. Nicht, dass es auf großer Bühne nicht anstrengend wäre, aber dennoch ist eben im Club alles sehr kompakt. Angenommen unsere Show in Pratteln,  da stirbst Du auf der Bühne, allein von den vorherrschenden Temperaturen im Raum, Du bist permanent fast am Kollabieren – und wir hatten das dann sieben Tage durchgezogen. Die Geschichte ist ja, dass es eine Art Premieren-Feiern sind mit einer wahnsinnigen Aufregung und Druck, weil man auch die Setlist ständig umgestellt hatte, Tag für Tag. Wir hatten damals auch mit komplett neuen Leuten zu tun gehabt. Wenn du dann einen neuen Gitarrentechniker hast, dazu elf neue Songs des neuen Albums auf der Setlist, dazu ist alles eng, die Bühne, der Bus, die Räumlichkeiten. Nun denn, jetzt mit einem fetten Nightliner unterwegs, überall viel Platz, kein Stress, du spürst niemanden so wirklich neben dir, hast Zeit und hält es alles lockerer durch. Dennoch, klar es macht im Kleinformat auch Spaß und Freude, aber die kleineren Clubs sind mit unglaublicher Nervosität, Anspannung, zusätzlicher Hingabe verbunden. Aber nach dieser ersten Tour, als die neuen Termine bekannt wurden, da ging es richtig hoch mit der Anspannung, weil wir erst mal kapiert, realisiert hatten, was wir uns damit antun. Wir hatten ja bis dato nie einen Steg, was hier und dort hoch geht, eine Megbühne eben.

Fips weiter: Und zur Frage von vorhin nochmal, die vier Zusatzkonzerte, die machen wir nicht, um da groß Gewinne einzufahren oder so, werden wir auch sowieso nicht, weder hier in Hannover ist es ausverkauft, noch gestern war es. Wir haben bloß Städte, Locations dabei, wo man sozusagen, wie ein Handwerksbetrieb herangegangen ist: „…weißt Du was, hier waren wir eine Weile nicht, oder so gut wie nie und wir möchten uns neue Leute erspielen“. Und da sind dann diesmal Regionen daraus geworden, die gar nicht so weit auseinander liegen, von eben der vorherigen Tour, u.a. in Hamburg mit gut 13500 Fans oder eben gestern mit knapp 3000. Für uns war es bei der Planung wichtig, dass es Menschen gibt in den Regionen, wo wir länger oder gar nicht waren, die uns aber sehen wollen und nicht weiter fahren konnten, oder überteuerte Karten kaufen wollten, weil schon etwas ausverkauft war. Diesbezüglich haben wir das erste Mal gesagt „Scheiß drauf“, ob es aufgeht oder nicht. Aber lasst uns da auch mal hingehen und spielen. Klar, früher haben wir auch logischerweise auf Effizienz geschaut, diesmal eben auch auf solche Dinge, daher hätte man aus rein finanziellen Aspekten nicht diese Zusatzshows buchen müssen.

MG: …aber wenn doch noch was bei rumkommt, dann ist es doppelt so schön?!
Fips: Ja, durchaus, aber wer diese Produktion auf dieser Tour sieht oder miterlebt hat, wird auch wissen welche Kosten dem entgegenstehen. Von daher, es war ganz klar das Ziel neue Leute zu erreichen oder eben Regionen zu bespielen, wo wir schon länger nicht waren, unabhängig von den Kosten. Mit eben dieser aufwendigen Produktion hast Du nicht mal die Möglichkeit in wirklich kleineren Hallen zu spielen, da lohnt sich schon auch mal eher eine große Halle abzutrennen, wie hier in Hannover. In der Frankfurter Festhalle konnten wir nicht mal alles nutzen, was die Bühnenkonstruktion anbelangt, es muss eben auch die Statik halten. Aber am liebsten würden wir es überall so haben wollen, doch Sicherheit geht nun mal vor.

MG
: Wohin verschlägt es Euch ggf. noch weiter – außerhalb des deutschsprachigen Raumes.

Fips: Nirgendwohin:-)
MG: …also, setzt ihr euch weitere Ziele? Stadien, Ausland, also auch außerhalb des deutschsprachigen Raumes, wie die Vorreiter auf dem Gebiet Rammstein, Hosen und Co.?

Fips: Wenn alles gut läuft, dann sind wir dieses Jahr auch in den USA zum kurzen Auftritt bei den Bikern der Orange Country Choppers, weil wir ein Lied gemeinsam aufgenommen haben. Auch wenn diese Aktion wohl urlaubstechnisch miteinander verbunden sein wird. Wir haben noch ein paar Anfragen aus anderen Ländern, aber wir bauen uns da keinerlei Druck auf, denn es muss auch vom Vertreib her alles stimmen. Die Alben sollten schon auch in dem Land dann vorhanden sein. Es ist wie überall bei solchen Projekten, es sind zahlreiche Zahnrädchen, die dann ineinander greifen müssen und wenn es funktioniert, dann spielen wir vom Süd- bis zum Nordpol. Ja, wir haben allemal Lust auf andere Länder, neue Kulturen auch neue Menschen kennen lernen, alles gut.

MG: Wie stelle ich mir Frei.Wild – frei – in Südtirol vor? Unser Metalglory-Mitstreiter Andreas erzählte, als langjähriger Südtirol-Urlauber, dort wäre die Metal- und Punkrock-Szene zumindest nicht so präsent wie in deutschen Mittel-/Großstädten. Wie empfindet ihr die Szene dort und wie kommen die Einheimischen mit euch als Rockstars klar?

Fips: Bin dort frei wie ein VogelJ: Die Szene ist durchaus vorhanden, GRAVEWORM stammen auch aus Südtirol, die auch schon mit Deep Purple auf Tour waren. Aber ja sicherlich früher hat es vielleicht eine etwas größere Szene gegeben. Doch jetzt veranstalten wir dort auch ein alljährliches Festival – das größte Norditaliens. Das zusammen mit einem Verein und wir haben dieses Jahr u.a. Volbeat mit von der Partie. Es spielt auf derartigem Festival alles Mögliche. Von Electro über Rock/Metal bis hin zu Volksmusik ist alles vertreten. Daher kann schon passieren, das mal die Kastelruther Spatzen spielen, dann wir und es folgt Volbeat oder Gotthard…und danach eben Mickey Krause; ja, wirklich ist so!
Und zu uns, also ich denke in Südtirol gibt es kaum Leute, die ein echtes Problems mit Frei.Wild haben, auch wenn es normal ist, dass uns nicht jeder mögen muss.

MG: Logisch, wenn man eben Musiker ist. Aber könnt ihr als durchaus sehr bekannte Rockstars dennoch dort noch so richtig abschalten, frei sein…?

Fips: Auf jeden Fall!!! Wie man so schön sagt, „die magische Brenner-Grenze“, man fährt vom Regen in den Sonnenschein hinein! Bei uns unten, das ist immer Wahnsinn, ein komplett blauer Himmel, einfach wunderschön. Das ist ganz, ganz hell blau!

MG: Durchaus, ein nettes Schlusswort, auf in den Urlaub, im passenden Sommer 2018! Oder auch später im Winter als auch beim Festival in den Bergen!

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Das Gespräch mit der Band FREI.WILD führten Christoph und Arthur von metalglory.com!