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ANGELUS APATRIDA – „Angelus Apatrida“

ANGELUS APATRIDA – „Angelus Apatrida“ Genre: Thrash aus dem Lehrbuch – aggressiv, angepisst, brutal ANGELUS APATRIDA reihen sich ein

ANGELUS APATRIDA – „Angelus Apatrida“

ANGELUS APATRIDA – „Angelus Apatrida“

Genre: Thrash aus dem Lehrbuch – aggressiv, angepisst, brutal

ANGELUS APATRIDA reihen sich ein die Reihe der Vielen, die ein Album nach sich selbst benennen. Dies gilt gemeinhin als Zeichen von Selbstbewusstsein – und das dürfen los cuatro caballeros angesichts der abgelieferten Qualität auch gerne haben.

Das Motto im Haus ANGELUS APATRIDA heißt ganz klar: Es bleibt alles anders. Denn allzu viel wurde (zum Glück!) nicht geändert an der spanischen Rezeptur von Thrash. Bestimmt wird alles weiter von Gitarren und Gesang. Und die Herren der sechs Saiten zeigen auch dieses Mal, was sie draufhaben. Die Riffs sind wieder verdammt fett und brachial, vor allem aber werden sie so dermaßen knackig und präzise auf den Punkt gespielt, wie das nur wenige Truppen hinkriegen. Hier zeigt sich, wie gut die Herren eingespielt sind. Dazu überzeugt Señor Izquierdo mit seiner kraftvollen Stimme, die er variabel und dynamisch einzusetzen weiß. Dabei ist zu jeder Sekunde zu spüren, dass im Land von Sangria und Paella offenbar eine Menge schief läuft, denn der gute Mann kotzt sich dermaßen angepisst, wütend und derb die Seele aus dem Hals, dass einem Angst und Bange werden kann.

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Neu sind die tiefer gestimmten Gitarren, die Art des Gesangs und die deutlich stärkere Betonung auf Rhythmus und Gewalt. Soll heißen: Im Vergleich zum bisherigen Schaffen, das sich ja schon immer stark am amerikanischen Thrash orientierte, wird der noch auf dem Vorgänger „Cabaret de la Guillotine“ eingeschlagene Weg verlassen. Statt vermehrt auf melodische Momente und eingängige Refrains zu setzen, liegt der Fokus jetzt deutlich mehr auf brutalen Riffattacken und eisenhartem Groove. Und hatte ich im Review seinerzeit noch Megadeth, Testament und Heathen als Referenzen genannt, sind diese von Pantera abgelöst worden. Exhorder und Machine Head in ihren frühen Tagen passen ebenso gut. Das zeigt sich deutlich in den Liedern. Beherrscht wird die Szenerie einerseits von gnadenlos den Knüppel schwingenden Galoppern wie dem eröffnenden „Indoctrinate“, „The Age of Disinformation“ „und Through the Glass“. Auf der anderen Seite gibt es braunkohlebaggergroße Groovemonster wie „Bleed the Crown“, „Disposable Liberty“ und „Empire of Shame“, die sich unaufhaltsam und kraftstrotzend voranwalzen. Das alles ist massiv, roh und energetisch, sorgt allerdings auch für eine gewisse Gleichförmigkeit. So bleibt es mit dem von einem herrlich rollenden Riff und einem unverschämt eingängigen Refrain gesegneten „Childhood’s End“ bei nur einem Ausrufezeichen. Aber dafür ist das auch ein veritabler Hit. Und „We Stand Alone“ erinnert mich mit seinem so simplen wie mitreißenden Riff irgendwie an die deutschen Steeler („Strike Back“ irgendwer?!). Und dann kommt da mit „Into the Well“ (nochmals zum Glück!) ein Rausschmeißer, der mit seiner puren Gewalt und seinen messerscharf präzisen Pausen zeigt, wie punktgenau auch im rasenden Thrash Akzente gesetzt werden können. Grandios.

Fazit: ANGELUS APATRIDA gehen mit ihrem selbstbetitelten neuen Werk weiter konsequent ihren Weg. Dieser entfernt sich ein Stück weit von der bisher nahezu perfekt dargebotenen Mischung aus Melodie und Härte und setzt nun klar auf Rhythmik, Brutalität und Groove. Das geht zu Lasten von Melodie und Eingängigkeit, zeigt aber sehr wohl das hohe spielerische Niveau der vier Herren und ihr Geschick, Lieder zu schreiben, die Aggressivität, Härte und Attitüde vereinen. Das ist amerikanischer Thrash Groove, wie er kaum besser abgeliefert werden kann. Und das ist ja allemal einen Applaus wert. Prost.

Liederliste:

1. Indoctrinate (5:39)
2. Bleed the Crown (4:26)
3. The Age of Disinformation (4:42)
4. Rise or Fall (3:36)
5. Childhood’s End (3:49)
6. Disposable Liberty (4:21)
7. We Stand Alone (4:11)
8. Through the Glass (5:41)
9. Empire of Shame (4:17)
10. Into the Well (5:47)

Label: Century Media Records

Laufzeit: 46:29 min

VÖ: 05.02.2021