Livebericht: JOE BONAMASSA – 01.10.2018, Rostock Stadthalle
Livebericht: JOE BONAMASSA – 01.10.2018, Rostock Stadthalle Die Bilder dazu gibt es in der Galerie! So muss das sein:

Livebericht: JOE BONAMASSA – 01.10.2018, Rostock Stadthalle
Die Bilder dazu gibt es in der Galerie!
So muss das sein: Draußen ist es diesig und nieselt bei typischem deutschem Herbstwetter, die Kälte kriecht einem in den Nacken, und alle diese vielen Montagabend-Menschen hetzen durch die beginnende Nacht. Das machen sie auch richtig, wie sie da alle zur Stadthalle strömen und geduldig am Einlass im Regen stehen. Denn der Grund dafür ist ein wirklich großartiger: Der große JOE BONAMASSA macht Station in Rostock. Und das ist mehr als Anlass genug, an das Gute in der (musikalischen) Welt zu glauben.
Die Halle ist komplett bestuhlt. Das ist für mich als Liebhaber kleiner, verschwitzter, ranziger Metalschuppen ein völlig ungewohntes Bild und fühlt sich zunächst ziemlich seltsam an. Das Gute: Die Sicht auf die große Bühne ist hervorragend. Die ist breit, hell und aufgeräumt – Instrumente, Licht, klare Linien. Man merkt sofort, hier geht es nur um eines, um Musik. Dann ist die Halle voll und kurz nach 20.00 Uhr geht es los.
Und wie. Von der ersten Sekunde ist das wahrer Zauber. Der Abend gehört allein der Musik. Der Kunst. Und nichts anderes wird hier geboten. Nach einem kurzen Intro steht Herr Bonamassa vorn an der Bühne, ein kurzes Nicken, und dann geht es los mit „King Bee Shakedown“. Es folgen „Evil Mama“ und „Just Cause You Can“, bevor mit „Self Inflicted Wounds“ für mich das Highlight des Konzertes erklingt. Der Song zeigt, wie man Blues, Pink Floyd, ehrlichen Rock und eine ganze Ladung voll Melancholie zu nichts weniger als einer Herz und Seele berührenden Ballade macht, und live entfaltet das noch einmal ein ganz andere, fast körperliche Wirkung. Magisch.
Der Sound ist nichts weniger als perfekt. Das ist schön laut, das ist verdammt druckvoll, das ist transparent, das ist ausgewogen, das ist harmonisch, das ist musikalisches Gleichgewicht. Das Schlagzeug spielt in den rockigeren Stücken tight und groovt wie Sau, um in den bluesigeren Stücken filigrane Linien auf Snare und Ridebecken zu zaubern. Der Bass pumpt, und pumpt, und pumpt. Allein den beiden Herren Fig und Rhodes zuzusehen ist ein wahrer Genuss. Das sind ebensolche Könner wie die Herren Wynans, Thornburg und Cerra an den Tasten, der Trompete und dem Saxofon. Dazu kommen die beiden australischen Backgroundsängerinnen Jade MacRae und Juanita Tippins. Sie alle sind gestandene, mit allen musikalischen Weihen versehene Könner*innen, die von Herrn Bonamassa im Verlauf des Abends zu Recht jeweils vor ihrem Namen das passende „legendary“ spendiert bekommen. Alle sind bis auf jeden einzelnen Ton excellent zu vernehmen und können in Solosequenzen oder im Duett mit dem Mastermind auch zeigen, mit welch eleganter Lässigkeit und entwaffnender Spielfreude höchste halsbrecherische Meisterschaft dargeboten werden kann.
Und dann ist da ja noch Herr Bonamassa. Auch er fügt sich mit seiner Gitarre symbiotisch in den Sound ein und glänzt im Verlauf des Abends nicht durch Lautstärke, sondern allein durch sein überragendes Spiel. Und das ist nicht nur das Flitzefingern, sondern ebenso die so harte wie gnadenlos tighte Rhyhthmusgitarre, die er abseits aller Soli spielt, und diese Blues-DNA, die in jedem seiner Anschläge wie ein Virus auf die Zuhörer überzuspringen scheint. Es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, wie es einigen wenigen begnadeten Menschen gelingt, ihr unermessliches handwerkliches musikalisches Können so zu nutzen, dass aus reinen Noten und Tönen Emotionen, Geschichten, Gefühle, Gesichter, Tränen, Lachen, Umarmungen, wahre Momente des Glücks werden.
Der Mann hat gute Laune, ist mit sich im Reinen, genießt das Leben, liebt die Musik, und lässt zum Glück an diesem Zustand viele (zugegebenermaßen ziemlich zahlungsbereite) Menschen teilhaben. Irgendwann nimmt er seine Sonnenbrille ab, lehnt sich zurück und erzählt von seinem vorherigen Abend in „Rockstock“, das ist sympathisch, ehrlich, und nimmt die Fans mit. Nun sind wir Nordlichter nicht gerade für unsere überbordende Spritzigkeit bekannt, aber es dauert keine drei Stücke, da kochen die Herzen und Seelen der Menschen und entladen sich in lautem, ja frenetischem Jubel zwischen den Stücken. Und als Herr Bonamassa irgendwann grinsend fordert: „Stand up! – Come on! – Stand up!“, da dauert es keine fünf Sekunden und aus diszipliniert sitzenden Kunstliebhabern wird eine sich an der Bühnenkante drängelnde, laut skandierende, Arme schwenkende, tanzende, rockende Meute. Grandios!
JOE BONAMASSA beweist mit jedem seiner Scheiben und jedem seiner Konzerte, dass er Menschen mit einfachen und ehrlichen Mitteln erreichen und glücklich machen kann. Er ist aktuell der Hoffnungsträger, alte handgemachte Musik mit frischem Blut, neuen Ideen und die Herzen der Menschen erreichenden Melodien in die Zukunft zu transferieren. In Rostock hat er jedenfalls eindrucksvoll bewiesen, dass er diese Hoffnungen mehr als spielend zu erfüllen vermag.