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Johannes Oerding “Lagerfeuer Acoustics”, Support Leonie Jael, 09.07.2021, Gilde Parkbühne, Hannover

In der jetzigen Zeit sind Konzerte ja immer noch sowas wie E.T. vom anderen Stern. Bundesweit betrachtet sind es

Johannes Oerding “Lagerfeuer Acoustics”, Support Leonie Jael, 09.07.2021, Gilde Parkbühne, Hannover

In der jetzigen Zeit sind Konzerte ja immer noch sowas wie E.T. vom anderen Stern. Bundesweit betrachtet sind es nur ein paar wenige örtliche Veranstalter, die sich trauen und etwas wagen. Dass es manchmal auch an einer geeigneten Location fehlt oder auch die Politik nicht gerade entscheidungsfreudig ist, spielt dabei natürlich auch noch eine mehr als gewichtige Rolle. Umso mehr ist es ein kleines Privileg und eine Herzensangelegenheit ein Konzert besuchen zu dürfen. Am Freitag gab sich Johannes Oerding die Ehre in Hannover auf der großartigen Gilde Parkbühne. Als kurzfristiger Support durfte die Newcomerin Leonie Jael aus Hannover mit ihrer Band die bereits anwesenden Zuschauer ein wenig auf Betriebstemperatur bringen. Was aufgrund des regnerischen Wetters gar nicht so einfach war. Zumal die Bedingungen der Hygieneauflagen, deren Sinn wohl kaum zu hinterfragen sein sollten, bei manchen Zuschauern noch nicht so richtig angekommen zu sein schienen. Eine lange Schlange am Kassenhäuschen zeugte davon und hinterließ bei manchem auch ein klein wenig Unverständnis. Anstatt einfach dankbar zu sein, dass es überhaupt wieder möglich ist ein Konzert besuchen zu dürfen.

Leonie Jael startete bereits um 19:00 Uhr, was zwar auch im Vorfeld kommuniziert wurde, aber sicher längst nicht alle Besucher erreicht hatte. Trotz des anhaltenden Regens waren aber schon gut die Hälfte der Sitze gefüllt, was sich auch in der Spiellaune der Band niederschlug. Auch wenn der Name Leonie Jael in Hannover einigen Szenekennern bereits bekannt ist, spielte sie hier vor einem komplett neuen Publikum. Ein klein wenig Anspannung war der Band dann auch anzumerken, war es doch gerade erst der dritte gemeinsame Auftritt. Doch bereits während des ersten Songs legte sich die Anspannung und man konnte förmlich zusehen, wie sich die Band fast schon in einen Rausch der Emotionen spielte. Breites Grinsen auf alle Gesichtern, was sich auch auf die Zuschauer übertragen konnte, wo man hinschaute.

Ein kleiner Mitsingpart wurde fast schon euphorisch mitgemacht und man durfte Zeuge von etwas ganz Besonderem sein. Nur selten schafft es ein Newcomer dermaßen schnell eine neue Zuhörerschar zu begeistern, was vorrangig an der sympathischen Ausstrahlung der kompletten Band lag und durch das charmante Auftreten von Leonie, die sich überaus gut verkaufen konnte, noch begünstigt wurde. Als die Ankündigung des letzten Songs erfolgte, waren nicht wenige Zuschauer mehr als traurig darüber und hätten sicher gerne noch mehr erleben wollen. Wenn nach 30 Minuten das Publikum derartig frenetisch einen Auftritt goutiert, kommt man nicht umhin der jungen Sängerin aller höchsten Respekt zu bescheinigen. Ich bin mir sicher, dass wir noch viel von Leonie Jael sehen bekommen.

Nach einer kurzen Umbaupause war es dann endlich soweit für Johannes Oerding, der mit seinen „Lagerfeuer Acoustics“ eine andere Art als gewohnt zu bieten hatte. Songs auf eine andere Art zu präsentieren gehört sicher zum Alltagsgeschäft eines Musikers. Doch zu sehen, dass diese Songs dann auch wirklich funktionieren, ist jedes mal aufs Neue eine Herausforderung. Gleich beim ersten Song war eine Energie zu spüren, die man von dem Wahlhamburger zwar kennt, an diesem Abend aber noch einen ganzen Zacken emotionaler ausfiel. Denn für ihn und seine Band bedeutete es auch die Rückkehr auf die Bühne nach einer 15-monatigen Abstinenz, die eigentlich einem Berufsverbot gleich kam. Diese ganze angestaute Energie musste irgendwie raus, was sich an diesem Abend auch bestätigte. Nachdem die angestaute Energie mit dem Eröffnungssong ein wenig verflogen war, durfte er das Lagerfeuer entzünden, das dem Konzert schließlich auch den Namen gab. Eine herrliche Kulisse für einen Konzertabend der anderen Art. Pünktlich zum Konzertbeginn hatte auch der Regen ein Einsehen mit den Zuschauern und bescherte damit allen Anwesenden einen tollen Abend.

Manchmal ein wenig spöttisch, doch stets mit der ordentlichen Portion Respekt und dem Schalk im Nacken, ließ er es sich nicht nehmen erneut die Einzigartigkeit Hannovers für ihn als Künstler herauszuheben. Schließlich hat er schon „in jedem Puff hier“ gespielt, womit er seinen steten Aufstieg vom Musikzentrum über das Capitol und die Swiss Life Hall zur großen Arena meinte. So war es an diesem Abend vor allem ein wenig back to the roots, waren aufgrund der behördlichen Auflagen nur 1.000 Zuschauer für die ansonsten mehr als 5.000 fassende Anlage zugelassen. Es ist vor allem den großartigen Entertainerfähigkeiten von Johannes zu verdanken, dass dieser Abend so glänzend funktionierte, weshalb das Publikum auch jeden Song lauthals mitsang und mit mehr als höflichem Applaus bedachte. Man konnte spüren, wie sehr den Menschen die Livemusik gefehlt hat, wie sehr die Fans auf Entzug waren und diesen Abend mehr als genießen konnten. Natürlich durfte auch der übliche Ausflug direkt ins Publikum nicht fehlen, der Oerding sogar auf die Tribüne führte, wo er am liebsten jedem einzelnen Zuschauer persönlich die Hand geschüttelt hätte. Nach einer knappen Spielzeit von 3 Stunden war dann Schluss und man darf gespannt sein, wie die Stimmung bei den beiden noch anstehenden Konzerten im August sein wird. Ist das vielleicht sogar noch zu toppen? Go Hannover, go!

Danke an Johannes Oerding und Band für diesen grandiosen Abend und natürlich auch Leonie Jael mit ihrer Band, die wesentlich zum Gelingen dieses Abends beitragen konnte.

 

Zur Gallerie geht es hier lang: https://www.metalglory.com/#gallery-49037