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Uli Jon Roth, “Solo World Tour 2020”, 12.03.2020, Faust Warenannahme, Hannover

Ein Virus namens Corona oder genauer gesagt COVID 19, greift um sich und lässt manche Konzertbesucher vorsichtig werden. So

Uli Jon Roth, “Solo World Tour 2020”, 12.03.2020, Faust Warenannahme, Hannover

Ein Virus namens Corona oder genauer gesagt COVID 19, greift um sich und lässt manche Konzertbesucher vorsichtig werden. So blieben dann auch viele Freunde von Uli Jon Roth der Show in der Warenaanahme fern. Knapp 150 Fans ließen sich das Erlebnis dennoch nicht entgehen und erlebten Helge Schneider in Aktion. Helge Schneider? Ein wenig schon, denn viele technische Probleme ließen Uli immer wieder betonen, dass er doch eigentlich seinen Beruf verfehlt hat und eigentlich einen auf Helge Schneider machen solle. Es gehörte schon eine gewisse Portion Humor dazu, wenn man um die Person Uli Jon Roth nicht weiß. Er ist Künstler durch und durch, was manchmal auch dazu führt, dass einiges nicht unbedingt strukturiert oder professionell wirkt. Doch genau das macht den Charme eines UJR Konzerts aus. Eben nicht bis in den letzten Winkel perfekt durchgestylt. Das ist pur und live, wie man es eigentlich gerne einmal häufiger erleben möchte.

Von Anfang an stand die Frage im Raum, ob er es schaffen kann ein Publikum als Alleinunterhalter über 90 oder mehr Minuten in seinen Bann zu ziehen. Er konnte und das über eine Gesamtspielzeit von 160 Minuten. Begünstigt wurde das Ganze durch Videoprojektionen, die jeden Song begleiteten und dem jeweiligen Stück eine weitere Komponente hinzufügten. Die manchmal nötigen Drums und Bassspuren kamen dabei aus der Konserve, was aber niemanden störte, wusste man doch in Teilen bereits vorab was man zu erwarten hatte. Uli selbst entpuppte sich als Entertainer, als Geschichtenerzähler, aber auch als Mahner, der den Klimawandel als eines der wichtigsten Themen unserer heutigen Zeit hält. Er steht aber nicht mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne, sondern animiert zum Nachdenken, regt an und unterstreicht das mit einer seiner herrlichen Kompositionen. Auch sein verstorbener Bruder Jochen „Zeno“ Roth wurde mit einem Song bedacht, was einige Anwesende auch eine Träne aus dem Knopfloch drücken ließ. Überhaupt war es ein Abend, der berührte und auch dazu führte, dass man sich als Musikhörer einmal von den üblichen Strukturen entfernt, sich öffnet für Ungewöhnliches und Neues.

Dass Uli ein Meister an der Siebensaitigen ist weiß man schon lange. Doch seit einiger Zeit gibt es seine Sky-Gitarre auch als Flamenco-Version mit neun Saiten. „Das ist jetzt aber auch glaube ich das Maß und sie ist schwer zu spielen“, so Uli. Seine unbekümmerte Art verzaubert die Anwesenden, lässt sie eintauchen in Ulis Gedanken- und Gefühlswelt, die er mit seiner Gitarre zum Ausdruck bringt. Selbst Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ hat er vor einigen Jahren für Gitarre transponiert, hat sogar einen fünften Part hinzugefügt. Auszüge daraus präsentiert er genauso, wie Songs der Scorpions und selbst „Enola Gay (Hiroshima Today?)“ von seiner Band Electric Sun nach dem Ausstieg bei den Scorpions kam zum Zuge. So wurde „Sails Of Charon” zu einer fast sechzehn minütigen Elegie, die in immer neuen Inkarnationen lediglich noch das Grundgerüst behalten hat. Das sind genau die Momente, in denen man Uli einfach lieben muss, zeigt er doch trotz seiner Liebe zu den siebziger Jahren, dass man deswegen musikalisch nicht stehen bleiben muss. Gefühlvoll, aggressiv und manchmal auch haarscharf am richtigen Ton vorbei – Uli kann alles und hat an diesem Abend bewiesen, warum er vor allem in den USA und Japan als Gitarrenheld gehandelt wird, zu dem viele Weltstars aufschauen.

Als kleines Schmankerl gab es eine ausgezeichnete Gesangseinlage von Ulis Long Time Partner in Crime Niklas Turmann, der inzwischen auch schon seit 11 Jahren zu Ulis Band gehört. Niklas bewies warum Joe Satriani einst die Empfehlung aussprach die Gesangsparts zu übernehmen. Eine tolle Stimme, an der man sich nicht satt hören kann. Dazu lief im Hintergrund die Aufzeichnung eines Konzerts in Japan, bei der sich Uli und Niklas selbst beim Spielen zusehen konnten. Eine tolle Idee.

Irgendwie war der Abend ein Treffen unter Freunden, unter Familienmitgliedern. Jeder fühlte sich als ein Teil, der wichtig war und zum Gelingen des Abends beitrug. Wer sich nach diesem Konzert noch immer die Frage stellt, ob Uli dazu in der Lage ist ein Publikum solo bei der Stange zu halten, sah sich eines Besseren belehrt. Ein denkwürdiger Abend, der sicher noch lange nachschwingen wird.

Setliste Uli John Roth:

Amadeus

The Cry

Tales Of The Summer Wind

Child Of The Thunder Mountain

Le Quattro Stagioni, Concerto No. 1 (I The Spring: Venga La Primavera)

Le Quattro Stagioni, Concerto No. 1 (I The Spring: April Rain)

Le Quattro Stagioni, Concerto No. 1 (I The Spring: The Triumph of Spring)

Le Quattro Stagioni, Concerto No. 4 (IV The Winter: Ice, Wind & Fire)

Le Quattro Stagioni, Concerto No. 4 (IV The Winter: Sleighbells at Yasnaya)

Le Quattro Stagioni, Concerto No. 4 (IV The Winter : War of the Winds)

Metamorphosis

-Pause-

Enola Gay (Hiroshima Today?)

The Sails Of Charon

In Trance

Pictured Life

All Along The Watchtower